NEU! Mein persönlicher Umgang mit SARS-CoV-2 -mein Gegenüber ist gefährdet

 B Mein Gegenüber ist gefährdet. Wie schütze ich mein Gegenüber? 

 Hintergrund und Anliegen 

Wir haben vier Wochen des Stillstandes erlebt und mehr oder weniger gut überstanden. Je nach persönlichen Lebensumständen als Zeit des Innehaltens und Nachdenkens oder aber in ungewohnter und kaum zu ertragender Enge und Spannung. Wir erleben, dass diese totale Einkehr eine Wirkung auf SARS-CoV-2 (hier „Coronavirus“) hatte: die rasante Ausbreitung des Virus konnte deutlich gebremst werden. Jetzt dürfen und sollen wir wieder schrittweise in unser „normales Leben“ zurückkehren. „Mit angezogener Handbremse“ und jederzeit darauf gefasst, wieder zu strengeren Isoliermaßnahmen zurückkehren zu müssen. Wir brauchen also noch Zeit, Ausdauer und Geduld – zumin-dest so lange, bis wir Medikamente und eine Impfung gegen COVID-19 zur Verfügung haben. 

Wir treten in eine neue Phase mit COVID-19, in der wir nebeneinander zwei Ziele ansteuern, die sich gegenseitig ausschließend erscheinen: Gesunde Menschen sollen wieder ein einigermaßen normales Leben führen, gemeinsam arbeiten, in die Schule gehen, miteinander Kontakt haben. Durch COVID-19 gefährdete Menschen hingegen, die wir hier als Gefährdete bezeichnen, sollen gleichzeitig bestmöglich vor Infektion geschützt werden und bleiben. Wenn man sich eine Mehrgenerationen-Wohngemein-schaft mit Kindern, Eltern, Groß- und Urgroßeltern vorstellt, darunter Menschen mit Risikofaktoren, dann erscheint es vielleicht unmöglich, diese beiden Anliegen unter einem Dach zu vereinen. Ohne die damit verbundenen Herausforderungen klein zu reden, sollen hier Wege beschrieben werden, wie mit dieser Situation erfolgreich umgegangen werden kann. 

 Wie verhalte ich mich, um mein Gegenüber zu schützen? 

Personen, die durch SARS-CoV-2 („Coronavirus“) mit einer höheren Wahrscheinlichkeit schwer erkranken können, sind Ältere sowie Menschen mit Vorerkrankungen (vor allem der Atmungsorgane, des Herz-Kreislaufsystems oder des Immunsystems). Wir bezeich-nen sie hier als „Gefährdete“. Für ihren Schutz sind diese Menschen vor allem auf Maßnahmen durch ihre Mitmenschen angewiesen, die eine Übertragung des Virus unterbrechen. Die Übertragung von SARS-CoV-2 geschieht wie bei anderen „Erkältungs-krankheiten“ vor allem durch Tröpfchen und Aerosole über die Atemluft (Husten, Niesen, Sprechen), aber ev. auch durch Kontakt mit Schleimhäuten und deren Absonderungen („Schmierinfektion“, z.B. Nasenschleim => Taschentuch => Hände oder Oberflächen; oder: Nasenschleim => Taschentuch => Auge). 

Die von mir zu beachtenden Schutzmaßnahmen werden nach folgenden drei Situationen unterschieden: 

a) Wir sind alle gemeinsam daheim und „niemand verlässt die Wohnung“ (Ausnahmen: Besorgungen von Lebensmitteln/Medikamenten oder Spazierengehen unter Beachtung von Abstand halten, korrekter Verwendung von Mund/Nasenschutz, Husten und Niesetikette, Händehygiene) 

b) Ich verlasse die Wohnung (Beruf, Schule etc.) 

c) Ich zeige Symptome oder hatte SARS-CoV-2-Kontakt und muss daher in häusliche Quarantäne 

Situation a): 

Wir sind alle gemeinsam daheim und „niemand verlässt die Wohnung“: 

• Husten- und Niesetikette (Papiertaschentuch, Armbeuge) auch mit Mund/Nasen-schutz 

• gründliches Händewaschen mit Seife gleich nach dem Heimkommen und danach regelmäßig 

• regelmäßiges Lüften der Wohnung 

• Ich berühre keine Gegenstände, die der/die Gefährdete berührt oder in den Mund nimmt, zur Nase oder zu den Augen führt (z.B. Speisen, Essgeschirr, Besteck, Taschentücher, Kosmetika, Körperpflegeartikel) 

• Ich halte Kleinkinder und Menschen mit fehlender Impulskontrolle von der gefährdeten Person fern 

Situation b): 

Ich verlasse die Wohnung für Beruf, Schule etc. und habe daher vermehrt mit der Außenwelt Kontakt. 

In diesem Fall könnte ich das Virus in unseren Haushalt einschleppen. Daher sind vermehrte Maßnahmen notwendig: 

• Wir organisieren daheim dieselben Distanz-Maßnahmen, die draußen gelten: 

• alle halten Abstand voneinander 

• wenn vorhanden, trägt der/die Gefährdete zur erhöhten Sicherheit eine gut sitzende FFP2-Maske 

• ich berühre nichts, was mit Mund-, Nasen- oder Rachensekret des/r Gefährdeten in Berührung kommen kann 

• wenn ich die/den Gefährdete/n mit Mahlzeiten versorge, bereite und verabreiche ich diese grundsätzlich nur mit frisch gewaschenen Händen, greife mir mit den Händen nicht ins Gesicht, und benütze ausschließlich gut gewaschenes und getrocknetes Geschirr und Besteck (Reinigung bevorzugt in Geschirrspül-maschine); außerdem verwende ich nur frisch gewaschene Geschirrtücher oder Einmal-Papiertücher oder -Servietten 

• analog verhalte ich mich, wenn ich dem/der Gefährdeten bei der Körperpflege behilflich bin; in diesem Fall ist mein gut sitzender Mund/Nasenschutz besonders wichtig. Wenn möglich, trage ich bei solchen Tätigkeiten so wie die/der Gefährdete auch eine FFP2-Maske. 

Situation c): 

Ich hatte innerhalb der vergangenen zwei Wochen Kontakt zur Außenwelt und bekomme auf COVID-19 hindeutende, verdächtige Symptome, oder ich hatte COVID-19-Kontakt und muss daher in häusliche Quarantäne. 

Das ist eine heikle Situation: Im gleichen Haushalt befinden sich eine gefährdete Person sowie ich als mögliche Infektionsquelle. Wir beide müssen im Haushalt so gut wie möglich von einander getrennt sein; ich als Quarantäne-Person aber zusätzlich auch von den übrigen Haushalts-Mitgliedern. Hier gilt ergänzend und besonders: 

• ich halte zum/zur Gefährdeten Sicherheitsabstand (möglichst 2 Meter) 

• nach Möglichkeit sondert sich der/die Gefährdete oder ich (oder jede/r für sich) räumlich und versorgungstechnisch auch innerhalb der Wohnung oder des Hauses von den übrigen Personen ab; (je) ein eigener Raum (auch zum Essen) und separater Sanitärbereich bieten Schutz. 

Falls dennoch Küche, Bad und WC mit anderen geteilt werden müssen, dann 

• nie gleichzeitig mit dem/der Gefährdeten bzw. den übrigen Haushalts-Mitgliedern benutzen; 

• abschließend reinige ich jedes Mal Kontaktflächen, Armaturen und Bedienungs-knöpfe gründlich mit Spülmittel; 

• ich achte auf strikt getrennte und ausschließlich individuelle Verwendung und Kennzeichnung aller persönlichen Utensilien (besonders aber derjenigen für mich und für die gefährdete Person!) in Bad, WC und Küche; 

• Koch- und Essensbehelfe werden nach einmaliger Benützung in der Geschirr-spülmaschine gewaschen und getrocknet. Anschließend kein Auswischen mit Tüchern! Wenn keine Geschirrspülmaschine verfügbar ist, dann werden Kochutensilien, Geschirr und Besteck mit heißem Wasser und Spülmittel händisch gewaschen und im Abtropfgestell luftgetrocknet. Auch hier gilt: kein Auswischen mit Tüchern! Verwendete Schwammtücher, Lappen und Geschirr-tücher werden nach jeder Mahlzeit zur Schmutzwäsche gegeben, in der Waschmaschine gewaschen und vor der Wiederverwendung getrocknet; 

• häufiges Lüften der Wohnung. 

Schlusskommentar 

Abstand halten, Händehygiene sowie in besonderen Situationen Mund/Nasenschutz und Gesichtsmasken sind eine Selbstverständlichkeit in Gesundheitseinrichtungen, mikro-biologischen Labors und in anderen Einrichtungen, die mit gefährlichen Krankheits-erregern umgehen müssen oder in Einrichtungen, in denen Mikroorganismen als Schadfaktor bekannt sind (z.B. Lebensmittelproduktion, Sterilwarenherstellung). Die Notwendigkeit solcher Maßnahmen wird dort nicht in Frage gestellt. Die Mitarbeiter*innen lernen vielmehr die Verhaltensregeln zum Schutz vor Übertragung von Krankheits- oder Verderbniserregern sowie die richtige Verwendung persönlicher Schutzausrüstung für ihren Berufsalltag. Nicht nur das: Diese Menschen überstehen den beruflichen Umgang mit riskanten Mikroorganismen unbeschadet und bleiben gesund, bzw. sie schaffen es, uns mit unverdorbenen Lebensmitteln oder sterilen Gütern zu versorgen. 

Durch eine Pandemie mit einem leicht übertragbaren Virus erleben wir nun unerwartet und überall, wo Menschen auf diesem Globus zusammenkommen, eine Situation wie bei einer Infektionsstation im Krankenhaus, wie in einem mikrobiologischen Labor oder wie bei der gewerblichen Herstellung von anfälligen Lebensmitteln. 

Solange diese außerordentliche Situation besteht, sind auch ungewöhnliche Maßnah-men/Verhaltensregeln notwendig und angemessen. Im Alltag häufig in Vergessenheit geratene hygienische Grundregeln, wie korrekte Händehygiene sowie Husten- und Niesetikette, haben in der aktuellen Situation wieder einen hohen Stellenwert bekom-men. Und das trifft nicht nur auf SARS-CoV-2 oder mögliche, zukünftige Nachfolger zu, sondern auch auf die jährlich wiederkehrende Influenza und andere Gesundheits-bedrohungen, wie z.B. Antibiotika-resistente Bakterien oder Pilze. Jetzt gilt es, diese Kenntnisse und Fertigkeiten wieder in unsere Alltags-Routinen einzubauen. 

Verfasser: W. Koller unter Mitarbeit von M. Suchomel, A. Wechsler-Fördös, Th. Freundlinger, M. Hell, B. Willinger 

Review durch: M. Ehling-Schulz, R. Sommer 

20. April 2020 

Die vorliegenden Ausführungen stellen eine nach bestem hygienischen Wissen und Gewissen erstellte Empfehlung für persönliches hygienisches Verhalten im Zusammenhang mit COVID-19 dar. Sie beruhen auf dem Kenntnisstand von 16. April 2020 und zielen darauf ab, durch persönliches Verhalten eine Verbreitung von SARS-Cov-2 möglichst gut zu vermeiden. Sie betreffen persönlich zu verantwortendes Verhalten und gehen davon aus, dass vom Einzelnen auch die jeweils gültigen behördlichen Anordnungen eingehalten werden. 

Die Verfasser und Verfasserinnen lehnen jedwede Haftung für Nachteile oder Schäden irgendwelcher Art ab, die von Anwender*innen dieser Empfehlungen geltend gemacht werden. 

ÖGHMP Österreichische Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie & Präventivmedizin c/o MAW
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